HeartThink Biography

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Der Mensch hat dreierlei Wege, klug zu handeln; erstens durch Nachdenken, das ist das Edelste, zweitens durch Nachahmen, das ist das Leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist das Bitterste.— Konfuzius 551 v. Chr. -479 v. Chr

Sage ich aber, daß es das größte Glück für den Menschen ist, sich Tag für Tag über die Tugend zu unterhalten und über die weiteren Fragen über die ihr mich reden hört als einen Prüfer und Erforscher meiner selbst, und daß ein Leben ohne Prüfung und Erforschung nicht lebenswert sei, so werdet ihr dieser meiner Rede noch weniger Glauben schenken. Es ist so wie ich sage, aber es euch glaublich zu machen ist keine leichte Sache.— »Apologie des Sokrates« In Platon Bd 1, S. 57

Etwas, das jeden angeht

Das Thema Biographie betrifft einen jeden von uns. Nicht nur um das eigene Leben und den persönlichen Weg geht es dabei, sondern auch um den Versuch zu verstehen, wie eigenartig und vielgestaltig sich das Leben anderer Menschen entfaltet.

Selbsterkenntnis und Welterkenntnis sind hier untrennbar miteinander verquickt. Wir leben in einer Welt, die voll ist von Menschen jeden Alters, jeder Art. Unser Schicksal wird bestimmt und ermöglicht, aber auch beschnitten durch das Leben anderer, seien sie nahe oder fern, und ebenso beeinflussen wir das ihre. Jeder hat seinen eigenen Lebensfaden; alle Fäden zusammen werden zu dem Stoff verwoben, der die sich fortentwickelnde menschliche Gesellschaft ausmacht.

Wenn wir uns mit Lebensmustern befassen, sollten wir Folgendes festhalten: Die Muster sind dynamisch, voller Möglichkeiten und von vielen Faktoren abhängig. Kräfte aus der Vergangenheit sind am Werk. Das Gewesene ist stets gegenwärtig; die Zukunft ist zugleich jetzt. Was sein wird, wirft seine Schatten voraus. Aus den Augen junger Mädchen leuchten schon die künftigen Kinder. Und in der Aura junger Menschen ist schon anwesend, was sie später vollbringen werden. Mit solchen Dingen muß man rechnen.

Und dann gibt es das Archetypische, Urbildhafte, das, worin wir alle gleich sind. Diesen Gedanken überspielen wir natürlich gerne, er ist uns nicht sympathisch, vor allem nicht in unserer Gegenwart, wo die »Persönlichkeit« mit ihren Philosophien der Einsamkeit und des Existentialismus ein so hohes Ansehen genießt.

»Ich bin einzigartig«, »Ich und die Welt«, »Keiner muß so viel ertragen wie ich, keiner versteht mein Schicksal« - diesen emphatischen Beteuerungen stehen überall die Stereotypen der Kleidung, der äußeren Erscheinung, der Verhaltensweisen und Ansichten gegenüber. Dennoch fühlt sich jeder allein und jammert in seiner privaten Wüste. Und dabei scheinen wir in aller Unschuld blind und achtlos an der Tatsache vorüberzugehen, daß unser Leben als ein Drama abrollt, dessen Text schon in groben Zügen geschrieben steht. Der Fluß der Zeit trägt die einsamen Kajaks der Persönlichkeit dahin. Natürlich können wir schneller paddeln oder nach links oder rechts steuern, uns im Kreis drehen oder umkippen. Aber der Kurs ist festgelegt. Das Flußbett ist so alt wie die Zeit selbst.

Unter diesen Umständen sind äußere Freiheiten offensichtlich trügerisch. Was uns wirklich frei macht, ist nicht der Weg, den wir gehen, sondern das, was wir spirituell im Innern tun, in der Einsamkeit, in der inneren Wüste. Der Lebenskurs ist festgelegt. Wir werden älter, denken, fühlen und handeln anders, und alles geschieht nach einem Plan. Wie ist nun dieser Lebensfluß beschaffen? Was hat es auf sich mit Jugend, Reifezeit und Alter? Können wir von dem, was uns erwartet, nichts wissen? Und wie steht es mit dem Archetypischen?

aus: »Der Lebenslauf« S. 29 ff.

Verwandlung

Die Tatsache, daß die frühen Jahre eine Zeit physischen Reifens sind, wird allgemein anerkannt. Die Symptome sind so deutlich erkennbar, die Veränderungen auf dem Weg zum Erwachsensein so unübersehbar. Für die zweite Phase des Lebens, in der sich die Seele entwickeln soll, ist das nicht mehr der Fall. Die Orientierung unserer Zivilisation auf das Materielle scheint unsere Wahrnehmung für seelische Feinheiten zu schwächen. Wenn ein Mensch als ein mit Sinnesorganen, Nerven und Gehirn ausgestatteter Körper gut funktioniert, kann er als Erwachsener gelten, soviel er auch noch zu lernen haben mag, was den Umgang mit seinem Innenleben, seinen Impulsen, Hoffnungen und Ängsten betrifft. Wer hat heute jenseits der zwanzig eine Ahnung davon, daß er sich noch entwickelt? Glaubt nicht jeder, er sei fertig und in der Lage, alles »in den Griff zu bekommen«? Das soziale Chaos, dem wir heute ausgesetzt sind, wird uns vielleicht wachrütteln.

Das Sozialverhalten in einer komplexen Gesellschaft fordert eine viel weitergehende seelische Entwicklung, als sie heute üblich ist. Die Menschen bräuchten mehr gesunde Urteilskraft, Kontrolle über ihre Emotionen und mehr Gefühl für moralisches Handeln. Man braucht sich nur einmal die Themen anzusehen, von denen die Medien wie besessen sind, um sich klarzumachen, daß die Seelenentwicklung nicht mit der Körperkultur Schritt gehalten hat. Im Vergleich mit der Vergangenheit haben wir Rückschritte gemacht. Degeneration ist die Folge, kultureller Niedergang und Dekadenz.

Das muß mit Nachdruck betont werden, damit wir erkennen, wie notwendig die Einsicht in ein einfaches Gesetz der menschlichen Entwicklung ist, daß nämlich Leib, Seele und unabhängiges Ich sich in drei verschiedenen Phasen entwickeln. Zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr lernen wir, unser Innenleben zu beherrschen. Das Leben selbst ist unser Lehrmeister, oft durch Tragödien, wenn es an eigener Lernbereitschaft mangelt; das ist der harte, steinige Weg. Der leichtere Weg ist das Lernen durch eigene Einsicht und durch die Beobachtung dessen, was die uns Vorangegangenen durchlebt haben.

In der dritten Phase, nach dem 40. Jahr, wenn die Erschütterungen dieser bewegten Seelenjahre vorüber sind und das Selbst das Ruder übernommen hat, kann etwas beginnen, das man »spirituelles Leben« nennen könnte, ein Leben unabhängiger Reflexion, Einsicht und Selbstbeherrschung. Dann kann ein Lernen auf noch höherer Ebene stattfinden, vielleicht erleuchtet durch die Sonne eines strahlenden, objektiven Selbst.

Ein Bild veranschaulicht all dies: der Schmetterling, der Dichter und Weise fasziniert hat. In den Mysterienschulen spielte er eine wichtige Rolle. Rudolf Steiner spricht in diesem Zusammenhang von »sinnenfälliger Bildlichkeit«, durch die die höchsten Hierarchien, die Schöpfer der natürlichen Welt, zur Erziehung des Menschen geistige Wahrheiten in der Sinnenwelt zur Erscheinung kommen lassen. Diese Bildformen unterscheiden sich von den Seelenbildern der Mythen und der rein spirituellen Bildhaftigkeit mathematischer Symbole und dynamischer Zeichen.

Der Schmetterling legt seine Eier auf die Erde, sodaß sie dem Himmel und den Sternen ausgesetzt sind. Kosmische Kräfte wirken hinein. Das Ei reift über den Winter und wird zur Raupe, wenn die horizontal wirksamen Mondenkräfte die grünen Blätter hervorlocken. Später spinnt die Raupe selbst einen seidenen Kokon aus sich heraus, in dem sie eine Puppenphase durchläuft, bevor der Schmetterling als Bild der Farbe und des Lichtes erscheint. Ein Sonnenwesen, dessen Sein und Flug die Gesetze irdischer Existenz zu leugnen scheint.

Ebenso ist es mit dem Seelenmenschen. In die Zweige seines physischen Daseins wird ein Ei gelegt, ein embryohaftes »Ich«, ein »Ich-Ei«, das allmählich heranreift, während die Sternenkräfte der Jugend sich in der Empfindungsseele ausdrücken. Das Individuum ist bis zum 30. Jahr tatsächlich im Embryonalzustand - was immer man auch über die Persönlichkeit, die Maske des Selbst, sagen mag. Und dann findet die Verwandlung statt: Eine seltsame, Bücher fressende, wissbegierige Intelligenz-Seele nimmt Gestalt an. Eine fleißige Seelenraupe verbringt ihre Jahre damit, das Wissen der Welt zu sammeln und für sich zu verarbeiten. Später dann wickelt sie sich in ihrem selbstgeschaffenen silberglänzenden Gespinst ein, sie bildet um sich einen Kokon der Einsamkeit. Dorthinein kriecht der Mensch mit 35. Er geht nach innen, wird unsichtbar zur Chrysalide, ein Seeleneremit, der sich verwandelt, während er außen vor der Welt noch silbrig glänzt.

Was so sorgfältig als Lebenserfahrung gesammelt wurde, als Lernen und Wissen, wird nun innerlich in Geisteskräfte umgewandelt. Später, wenn seine schöpferischen Jahre beginnen, kann der Mensch als Lichtwesen hervorkommen. Dann beginnt die Ideenwelt zu sprechen, ein Leben in innerer Aktivität und Freiheit beginnt. Der Mensch ist aus dem Leben der Seele aufgetaucht.

aus: »Der Lebenslauf« S. 62 ff.

Human Life Book Cover

Mein

Lebensplan

von Sylvia Weyand

Das Arbeitsmaterial zum Buch »Der Lebenslauf«

von George und Gisela O'Neil

und Florin Lowndes

Erkenne deinen Lebensplan

»Mein Lebensplan« ermöglicht dir die kreative Erarbeitung deiner eigenen Biographie auf der Grundlage des anthroposophischen Menschenbildes. Dafür erhältst du ein Fotobuch und 5 Arbeitsblätter in Form eines E-Buches. Die Anzahl aller Seiten entspricht jeweils deinem Alter und wird entsprechend fortlaufend ergänzt. Bei der Registrierung werden alle Arbeitsmaterialien automatisch mit deinem Namen und deinen Geburtsdaten versehen.

Wähle selbst, wie du dir die Materialien erarbeiten möchtest

  • Alle Blätter ausdrucken und alles nur von Hand ausfüllen.
  • Einzelne Blätter ausdrucken, in Ruhe von Hand ausfüllen und später am Computer übertragen.
  • Alle Materialien nur am Computer erarbeiten.

Ausführliche Informationen findest du weiter unten auf dieser Seite.

Hast Du Fragen zum Buch, schreibe uns gerne eine Email an: biography@heartthink.com

Buch - Mein Lebensplan

Das E-Buch »Heartthink Mein Lebensplan«

Die vorliegenden Arbeitsmaterialien wurden entwickelt auf Grundlage des anthroposophischen Menschenbildes und des Herz-Denkens. Sie schaffen eine Ergänzung zum Buch »Der Lebenslauf« (im Original »The Human Life« 1990) von George und Gisela O'Neil und Florin Lowndes. Sie wurden in den letzten 25 Jahren auf den Heartthink-Biographie Seminaren erarbeitet und geprüft.

Die Arbeitsmaterialien

Die Arbeitsmaterialien

Sie umfassen ein Fotobuch und 5 Arbeitsblätter. Die Anzahl aller Seiten entspricht jeweils dem eigenen Alter und wird — dem eigenen Älterwerden entsprechend — fortlaufend ergänzt. Sowohl das Fotobuch als die 5 Arbeitsblätter können als eigenständiges Projekt betrachtet werden. Als Ganzes erarbeitet, steigern sie sich gegenseitig.

Die Vorlagen beinhalten Orientierung gebende Basis-Texte, die sich auf das anthroposophische Menschenbild gründen. Der eigene Name wird auf jeder Seite automatisch eingetragen; auf manchen Blättern werden außerdem zusätzlich die fortlaufenden Geburtsdaten eingefüllt. Darüber hinaus gibt es viel Raum für eigene, kreative Erarbeitungen.

Ergänzt werden die Arbeitsmaterialien durch Anleitungen auf welche Weise jedes Blatt sinnvoll auszufüllen ist und durch eine technische Gebrauchsanweisung (Texte und Bilder einfügen, Farbe hinzufügen, drucken usw.). Wir freuen uns über Rückmeldungen, falls etwas nicht funktionieren sollte, so daß wir es umgehend verbessern können.

Inhalt

  • Arbeitsblatt »Spalten«
  • Arbeitsblatt »Welle«
  • Arbeitsblatt »Thema«
  • Arbeitsblatt »Überschau«
  • Arbeitsblatt »Drehbuch«
  • Fotobuch

Die Arbeitsblätter

Im Blatt »Spalten« werden die Fakten in Fleißarbeit zusammen getragen. Das zweite, die »Welle« macht die Rhythmen, die Entwicklung von Lebensmotiven und die inneren Bezüge sichtbar. Das Blatt »Thema« greift aus dem Ganzen ein einzelnes Lebensthema heraus wie z. B. den Beruf, die Partnerschaft o. ä., um es klarer zu beleuchten. Blatt Nr. 4 »Überschau« zeigt das ganze Leben auf einen Blick und die darin enthaltene wesentliche Linie. Und das Blatt »Drehbuch« fordert die Kreativität. Wie könnte meine Biographie aufgrund des Bisherigen sinnvoll weitergehen?

Fotobuch Bilder

Das Fotobuch

Für jedes Jahrsiebt steht eine Doppelseite zur Verfügung. In den Kopfzeilen erscheint das Jahrsiebt in der entsprechenden Farbe, die Zeitspanne der eigenen Geburtstage während eines Jahrsiebtes, der führende Planet, das Wesensglied, das in diesem Jahrsiebt vorrangig entwickelt wird und der eigene Name (siehe die Abbildungen).

Die Geburtsdaten und der Name werden bei der Registrierung automatisch eingetragen. Die Anzahl der Blätter, die man erhält, entsprechen dem eigenen Alter; sie werden automatisch fortlaufend ergänzt, wenn man in ein neues Jahrsiebt eintritt.

Darüber hinaus gibt es weitere Doppelseiten für Extra-Themen wie Familie, Freunde, Reisen, Berufe und ähnliches. Mit diesen Ergänzungen kann das Fotobuch als ein eigenständiges Projekt erarbeitet werden, das einen erkenntnisreichen Gesamtblick auf die eigene Biographie verschafft.

Rendez-vous mit sich selbst

Die persönliche Erarbeitung

Dieses Projekt ist gedacht als ein Rendez-vous mit sich selbst. In innerer Ruhe und Abgeschiedenheit begeben sich Alltags-ich und Wahres ICH in ein tiefes Zwiegespräch, dessen Gedanken man möglichst sofort unzensiert handschriftlich notiert. Diese Gedanken sind neben den Lebensfakten die Ressource für die Arbeitsblätter. In solch tiefen inneren Gesprächen erscheint das »Worum geht es eigentlich in meinem Leben?«. Ein extra Buch, das man zu diesem Zweck anlegt, hat sich als sehr hilfreich erwiesen.

Um diesen Raum der Ruhe zu schaffen bedarf es mehrerer Abende hintereinander, langer Wochenenden oder Ferienzeiten. In einem solchen Gespräch können wir die Linien des eigenen Lebens wahrnehmen, den Sinn darin erkennen, auch den, der sich bisher hinter so manchem Hindernis verborgen hielt und durch eine neue Sichtweise erlösen.

Gelingt dieses Gespräch, kann es zu tiefen Erkenntnissen über sich selbst und zu mancher Heilung führen. »Mein Lebensplan« kann zu einem Werkzeug bei wichtigen Lebensfragen werden, um sich diese im Jetzt selbst zu beantworten.

Die technische Arbeitsweise

Das Buch »Mein Lebensplan« ist als E-Buch in der Cloud gespeichert. Es kann nicht auf den eigenen Computer heruntergeladen werden. Jeder hat per Passwort einen eigenen Zugang zu seinem persönlichen Buch. Es kann auf dem Computer oder Tablet ausgefüllt werden, nicht aber auf dem Handy, da alle Arbeitsmaterialien im Format DIN A 4 erstellt sind.

Man kann sich zunächst alle Seiten als Vorlagen ausdrucken, um sie in Ruhe von Hand auszufüllen, ohne am Computer arbeiten zu müssen. Später trägt man dann das so Erarbeitete am Computer in seine Blätter ein, druckt es evtl. sofort aus oder speichert es bloß. Beim nächsten Öffnen des Buches liegt alles Erarbeitete vor (wenn es gespeichert wurde!)— Das E-Buch »Mein Lebensplan« ist so gestaltet, daß es letztendlich als physisches Buch in einer Druckerei ausgedruckt werden kann.

Die Registrierung

Nach der Registrierung wird das gesamte Arbeitsmaterial mit dem eigenen Namen versehen. Als Namen sollte man nur den sogenannten Vor-Namen wählen, evtl. zusammen mit dem Taufnamen, wenn er von Bedeutung für einen ist. Die Geburtstage und der Name werden bei der Registrierung automatisch in Fotobuch und Arbeitsblätter übertragen. So entsteht ein individuelles Buch. Nach der Registrierung sind Änderungen im Namen nicht mehr möglich.

Der Preis

Man erwirbt die Nutzungsrechte als Abonnement für zwei Jahre zum Preis von 50 €. Die Nutzung darüber hinaus kostet für jedes weitere Jahr 20 €.

Die Vorgehensweise

Nach der Bestellung des Buches erhält man zunächst eine Rechnung. Ist das Geld eingegangen, wird der Nutzer mit dem von ihm gewünschten Namen registriert und erhält ein Passwort. Dieses kann anschließend in ein eigenes Passwort umgewandelt werden.

Texte zum Verständnis des menschlichen Lebenslaufes

Die Pflanze wird sich umbilden wegen der objektiven, in ihr liegenden Gesetzmäßigkeit; der Mensch bleibt in seinem unvollendeten Zustande, wenn er nicht den Umbildungsstoff in sich selbst aufgreift, und sich durch eigene Kraft umbildet.

Rudolf Steiner - Die Philosophie der Freiheit IX 42.4 - 2. Satz

Die Gedanken-Dauer-Wesenheit der Seele

Der Lebenslauf eines Menschen erscheint inspiriert von seiner eigenen Dauerwesenheit, die von Leben zu Leben sich weiterführt; und die Inspiration erfolgt so, daß die Lebensschicksale eines folgenden Erdenseins als die Folge sich ergeben der vorangehenden Erdenleben.

Rudolf Steiner, CX 15 Die Schwelle der geistigen Welt IV 5.5

Tritt die Seele durch die Geburt, bzw. durch die Empfängnis, in das Sinnessein, so wirkt die Gedanken-Dauer-Wesenheit der Seele so, daß sie das Schicksal dieser Seele ausgestaltet, inspiriert.

Rudolf Steiner, CX 15 Die Schwelle der geistigen Welt X 6.4

Wiederverkörperung des Geistes und SchicksalKapitel III C

Jeder Lebensleib ist eine Wiederholung seines Vorfahren. Nur weil er dieses ist, erscheint er nicht in jeder beliebigen Gestalt, sondern in derjenigen, die ihm vererbt ist. Die Kräfte, die meine Menschengestalt möglich gemacht haben, lagen in meinen Vorfahren. Aber auch der Geist des Menschen erscheint in einer bestimmten Gestalt (wobei das Wort Gestalten natürlich geistig gemeint ist). Und die Gestalten des Geistes sind die denkbar verschiedensten bei den einzelnen Menschen. Nicht zwei Menschen haben die gleiche geistige Gestalt. Man muß auf diesem Gebiete nur ebenso ruhig und sachlich beobachten wie auf dem physischen. Man kann nicht sagen, die Verschiedenheiten der Menschen in geistiger Beziehung rühren allein von den Verschiedenheiten ihrer Umgebung, ihrer Erziehung usw. her. Nein, das ist durchaus nicht der Fall; denn zwei Menschen entwickeln sich unter den gleichen Einflüssen der Umgebung, der Erziehung usw. in ganz verschiedener Art. Deshalb muß man zugeben, daß sie mit ganz verschiedenen Anlagen ihren Lebensweg angetreten haben. — Hier steht man vor einer wichtigen Tatsache, die Licht ausbreitet über die Wesenheit des Menschen, wenn man ihre volle Tragweite erkennt. Wer seine Anschauung nur nach der Seite des materiellen Geschehens hin richten will, der könnte allerdings sagen, die individuellen Verschiedenheiten menschlicher Persönlichkeiten rühren von den Verschiedenheiten in der Beschaffenheit der stofflichen Keime her. Und unter Berücksichtigung der von Gregor Mendel gefundenen und von andern weitergebildeten Vererbungsgesetze kann eine solche Ansicht vieles sagen, was ihr den Schein von Berechtigung auch vor dem wissenschaftlichen Urteil gibt. Ein solcher Beurteiler zeigt aber nur, daß er keine Einsicht in das wirkliche Verhältnis des Menschen zu dessen Erleben hat. Denn die sachgemäße Beobachtung ergibt, daß die äußeren Umstände auf verschiedene Personen in verschiedener Art durch etwas wirken, das gar nicht unmittelbar mit der stofflichen Entwicklung in Wechselbeziehung tritt. Für den wirklich genauen Erforscher auf diesem Gebiete zeigt sich, daß, was aus den stofflichen Anlagen kommt, sich unterscheiden läßt von dem, was zwar durch Wechselwirkung des Menschen mit den Erlebnissen entsteht, aber nur dadurch sich gestalten kann, daß die Seele selbst diese Wechselwirkung eingeht. Die Seele steht da deutlich mit etwas innerhalb der Außenwelt in Beziehung, das, seinem Wesen nach, keinen Bezug zu stofflichen Keimanlagen haben kann.

Durch ihre physische Gestalt unterscheiden sich die Menschen von ihren tierischen Mitgeschöpfen auf der Erde. Aber sie sind innerhalb gewisser Grenzen in bezug auf diese Gestalt untereinander gleich. Es gibt nur eine menschliche Gattung. Wie groß auch die Unterschiede der Rassen, Stämme, Völker und Persönlichkeiten sein mögen: in physischer Beziehung ist die Ähnlichkeit zwischen Mensch und Mensch größer als die zwischen dem Menschen und irgendeiner Tiergattung. Alles, was in der menschlichen Gattung sich ausprägt, wird bedingt durch die Vererbung von den Vorfahren auf die Nachkommen. Und die menschliche Gestalt ist an diese Vererbung gebunden. Wie der Löwe nur durch Löwenvorfahren, so kann der Mensch nur durch menschliche Vorfahren seine physische Gestalt erben.

So wie die physische Ähnlichkeit der Menschen klar vor Augen liegt, so enthüllt sich dem vorurteilslosen geistigen Blicke die Verschiedenheit ihrer geistigen Gestalten. — Es gibt eine offen zutage liegende Tatsache, durch welche dies zum Ausdrucke kommt. Sie besteht in dem Vorhandensein der Biographie eines Menschen. Wäre der Mensch bloßes Gattungswesen, so könnte es keine Biographie geben. Ein Löwe, eine Taube nehmen das Interesse in Anspruch, insofern sie der Löwen-, der Taubenart angehören. Man hat das Einzelwesen in allem Wesentlichen verstanden, wenn man die Art beschrieben hat. Es kommt hier wenig darauf an, ob man es mit Vater, Sohn oder Enkel zu tun hat. Was bei ihnen interessiert, das haben eben Vater, Sohn und Enkel gemeinsam. Was der Mensch bedeutet, das aber fängt erst da an, wo er nicht bloß Art- oder Gattungs-, sondern wo er Einzelwesen ist. Ich habe das Wesen des Herrn Schulze in Krähwinkel durchaus nicht begriffen, wenn ich seinen Sohn oder seinen Vater beschrieben habe. Ich muß seine eigene Biographie kennen. Wer über das Wesen der Biographie nachdenkt, der wird gewahr, daß in geistiger Beziehung jeder Mensch eine Gattung für sich ist. — Wer freilich Biographie bloß als eine äußerliche Zusammenstellung von Lebensereignissen faßt, der mag behaupten, daß er in demselben Sinne eine Hunde- wie eine Menschenbiographie schreiben könne. Wer aber in der Biographie die wirkliche Eigenart eines Menschen schildert, der begreift, daß er in ihr etwas hat, was im Tierreiche der Beschreibung einer ganzen Art entspricht.

Rudolf Steiner, CX 8 Theosophie, III C 2.10 bis 7.5

Wiederverkörperung des Geistes und SchicksalKapitel III C

Wird nun die Art oder Gattung im physischen Sinne nur verständlich, wenn man sie in ihrer Bedingtheit durch die Vererbung begreift, so kann auch die geistige Wesenheit nur durch eine ähnliche geistige Vererbung verstanden werden. Meine physische Menschengestalt habe ich wegen meiner Abstammung von menschlichen Vorfahren. Woher habe ich dasjenige, was in meiner Biographie zum Ausdrucke kommt? Als physischer Mensch wiederhole ich die Gestalt meiner Vorfahren. Was wiederhole ich als geistiger Mensch? Wer behaupten will: dasjenige, was in meiner Biographie eingeschlossen ist, bedürfe keiner weiteren Erklärung, das müsse eben hingenommen werden, der soll nur auch gleich behaupten: er habe irgendwo einen Erdhügel gesehen, auf dem sich die Stoffklumpen ganz von selbst zu einem lebenden Menschen zusammengeballt haben.

Als physischer Mensch stamme ich von anderen physischen Menschen ab, denn ich habe dieselbe Gestalt wie die ganze menschliche Gattung. Die Eigenschaften der Gattung konnten also innerhalb der Gattung durch Vererbung erworben werden. Als geistiger Mensch habe ich meine eigene Gestalt, wie ich meine eigene Biographie habe. Ich kann also diese Gestalt von niemand anderm haben als von mir selbst. Und da ich nicht mit unbestimmten, sondern mit bestimmten seelischen Anlagen in die Welt eingetreten bin, da durch diese Anlagen mein Lebensweg, wie er in der Biographie zum Ausdruck kommt, bestimmt ist, so kann meine Arbeit an mir nicht bei meiner Geburt begonnen haben. Ich muß als geistiger Mensch vor meiner Geburt vorhanden gewesen sein. In meinen Vorfahren bin ich sicher nicht vorhanden gewesen, denn diese sind als geistige Menschen von mir verschieden. Meine Biographie ist nicht aus der ihrigen erklärbar. Ich muß vielmehr als geistiges Wesen die Wiederholung eines solchen sein, aus dessen Biographie die Meinige erklärbar ist. Der andere zunächst denkbare Fall wäre der, daß ich die Ausgestaltung dessen, was Inhalt meiner Biographie ist, nur einem geistigen Leben vor der Geburt (bzw. der Empfängnis) verdanke. Zu dieser Vorstellung hätte man aber nur Berechtigung, wenn man annehmen wollte, daß, was auf die Menschenseele aus dem physischen Umkreis herein wirkt, gleichartig sei mit dem, was die Seele aus einer nur geistigen Welt hat. Eine solche Annahme widerspricht der wirklich genauen Beobachtung. Denn was aus dieser physischen Umgebung bestimmend für die Menschenseele ist, das ist so, daß es wirkt wie ein später im physischen Leben Erfahrenes auf ein in gleicher Art früher Erfahrenes. Um diese Verhältnisse richtig zu beobachten, muß man sich den Blick dafür aneignen, wie es im Menschenleben wirksame Eindrücke gibt, die so auf die Anlagen der Seele wirken, wie das Stehen vor einer zu verrichtenden Tat gegenüber dem, was man im physischen Leben schon geübt hat; nur daß solche Eindrücke eben nicht auf ein in diesem unmittelbaren Leben schon Geübtes auftreffen, sondern auf Seelenanlagen, die sich so beeindrucken lassen wie die durch Übung erworbenen Fähigkeiten. Wer diese Dinge durchschaut, der kommt zu der Vorstellung von Erdenleben, die dem gegenwärtigen vorangegangen sein müssen. Er kann denkend nicht bei rein geistigen Erlebnissen vor diesem Erdenleben stehen bleiben. — Die physische Gestalt, die Schiller an sich getragen hat, die hat er von seinen Vorfahren ererbt. So wenig aber diese physische Gestalt aus der Erde gewachsen sein kann, so wenig kann es die geistige Wesenheit Schillers sein. Er muß die Wiederholung einer andern geistigen Wesenheit sein, aus deren Biographie die seinige erklärbar wird, wie die physische Menschengestalt Schillers durch menschliche Fortpflanzung erklärbar ist. — So wie also die physische Menschengestalt immer wieder und wieder eine Wiederholung, eine Wiederverkörperung der menschlichen Gattungswesenheit ist, so muß der geistige Mensch eine Wiederverkörperung desselben geistigen Menschen sein. Denn als geistiger Mensch ist eben jeder eine eigene Gattung.

Rudolf Steiner, CX8 Theosophie, III C, 8.6 bis 11.2

Wiederverkörperung des Geistes und SchicksalKapitel III C

Der menschliche Geist ist seine eigene Gattung. Und wie der Mensch als physisches Gattungswesen seine Eigenschaften innerhalb der Gattung vererbt, so der Geist innerhalb seiner Gattung, d. h. innerhalb seiner selbst. In einem Leben erscheint der menschliche Geist als Wiederholung seiner selbst mit den Früchten seiner vorigen Erlebnisse in vorhergehenden Lebensläufen. Dieses Leben ist somit die Wiederholung von andern und bringt mit sich, was das Geistselbst in dem vorigen Leben sich erarbeitet hat. Wenn dieses in sich etwas aufnimmt, was Frucht werden kann, so durchdringt es sich mit dem Lebensgeist. Wie der Lebensleib die Form von Art zu Art wiederholt, so der Lebensgeist die Seele vom persönlichen Dasein zu persönlichem Dasein.

Rudolf Steiner, CX 8 Theosophie III-C, 21.18

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